Ein
Südstadt-Aufzug
Einen neuen Aufzug hat die Südstadt schon. Allerdings dient er nicht
als Anschluss zum Hauptbahnhof, und in seinen Genuss kommen in
erster Linie Gottesdienstbesucher: In der Christuskirche ist jetzt
der Zugang zum Turm ganz einfach - seit Herbst 2016 ist ein
Aufzug eingebaut.
Unser Mitglied Jürgen Books ist als Kirchbaumeister eine zentrale
Figur hinter diesem Erfolg, und im Gespräch mit ihm erweisen die
Parallelen zum Projekt an Döppersberg sich schnell als überschaubar.
Dass ein Hilfsmittel dieser Art wünschenswert war, lag hier ganz
ohne Gutachten seit Langem auf der Hand: Viele Gemeindemitglieder
sind in ihrer Bewegung eingeschränkt, und schon die Kirchentür zu
erreichen, bedeutet einige Mühen über die steinerne Außentreppe.
Etwa mit Stock dann im Innern Empore oder gar zweites Stockwerk
erreichen zu wollen, machte früher den Kirchgang endgültig zur
Strapaze - und etwa mit Rollstuhl war unten einfach Schluss.
"Den Wunsch nach einem Aufzug hatten schon meine Vorgänger",
relativiert Herr Books seine eigene Rolle. Finanziell war damals an
solch einen Kraftakt freilich nicht zu denken, wollte man die Last
eines Darlehens vermeiden. In seine Amtszeit fiel dann aber die
günstige Gelegenheit: Als die Gemeinde ein Areal an der
Guericketreppe aufgab, standen die Geldmittel zur Verfügung, und
schnell war klar, dass jetzt ein Aufzug die richtige Investition
wäre. 150.000 Euro sollte er letztlich kosten, komplett aus eigenen
Mitteln.
Und dann ging es voran: Vor dem Auftrag an einen passenden Betrieb
war der Bauantrag bei der Stadt zu stellen. Zwar dauerte es länger
als erhofft; ursprünglich war schon Ostern 2016 für die Eröffnung
anvisiert. Nachdem sich die Genehmigung hinzog, kam es im Oktober
zur "Jungfernfahrt“. Und Weihnachten mit seinem traditionellen
Ansturm mag man als erste große Bewährungsprobe empfunden haben.
Viel Lob seither bestätigt: Die hat der Aufzug mehr als bestanden.
Auch heute wirkt das Ergebnis sofort überzeugend. Das Stahlgestell
zwischen Eingang und Wendeltreppe wurde abgestimmt auf die
Platzsituation, und technisch hat man sich für eine Variante mit
hydraulischem Antrieb entschieden. Wichtiger für den Benutzer: Nach
Betätigung der Taste kommt fix die transparente Kabine, die Tür
springt auf und öffnet sich nach ruhiger Auffahrt zur gleichen Seite
wieder. Wenden mit dem Rollstuhl ist innen nicht möglich, aber das
tut dem Nutzen kaum Abbruch. Das Werk kann sich sehen lassen - und
das übrigens nicht "nur" zum Wohl der Gemeinde. Denn, und das lässt
sich getrost als Clou auch für Externe verbuchen, der Lift hat noch
einen weiteren Zweck, genauer: eine zweite Station.
"Als der Bau feststand, haben wir beschlossen, dass es weiter gehen
soll." Books’ Worte klingen sachlich, aber man ahnt, wie
weitreichend die Entscheidungen auch für ihn waren. Die Galerie im
Turm sollte ebenfalls den bequemen Zugang erhalten, und so geschah
es auch. So ist denn der technische Zuwachs in der Christuskirche
auch jenen Besuchern höchst willkommen, die nicht zu Gottesdiensten
wollen: Bei Bedarf fährt man weiter in den Turm und findet den
hellen Ausstellungsraum, wo vor allem das Fotoforum seine Werke
präsentiert. Der Anfang des Jahres unerwartet verstorbene Pastor
Petig hatte ihn als selbst begeisterter Fotograf gegründet. "Sein
Tod war ein schwerer Schlag für uns", sagt Books. Man kann sich gut
vorstellen, dass das kleine Schmuckstück, 2013 runderneuert, für ihn
eine Herzensangelegenheit war - für manchen Südstädter Kunstfreund
ist es sicher noch eine Entdeckung wert. Und künftig also auch
deutlich komfortabler zu erreichen.
Martin Hagemeyer
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