Unser Besuch der
niederländischen Malerei und was wir darüber lernten...
Im Sommer des 2008 zeigte das Von der Heydt-Museum in einer
Wechselausstellung niederländische Malerei und Graphik des 17.
Jahrhunderts. Die Exponate stammten zwar aus dem reichhaltigen
eigenen Fundus, aber aus Platzgründen können nicht alle Gemälde
ständig in der Dauerausstellung gezeigt werden. Am 6. August 2008
besuchte eine kunstinteressierte Schar des Bürgervereins die alten
niederländischen Meister.
Als im Jahre 1902 das Elberfelder Museum gegründet
und im alten Rathaus am Turmhof aufgebaut wurde, bestand der
Sammlungsschwerpunkt aus Landschaftsbildern des 19. Jahrhunderts.
Um einen zusätzlichen Schwerpunkt zu schaffen, wurden deshalb
gezielt niederländische Gemälde des 17. Jahrhunderts eingeworben.
August Freiherr
von der Heydt und später auch sein Sohn Eduard, aber auch
Vertreter vieler anderer Familien kamen diesem Anliegen nach
schenkten dem Museum nun Werke für diese Abteilung, die im Lauf
der Jahrzehnte auf rund 60 Bilder anwuchs.
Im 17. Jahrhundert spielte die niederländische Malerei eine
führende Rolle in Europa. Die damals mit Spanien verbundenen
südlichen (katholischen) Niederlande waren mit ihrer flämischen
Malerei dem Romanischen eng verbunden. Die wichtigsten flämischen
Maler arbeiteten am Hof in Brüssel und in Antwerpen. Die Malerei
wurde oft in den Dienst des Habsburgerhofes und der
Gegenreformation gestellt.
In den nördlichen (protestantischen) Niederlanden, der Republik
der Vereinigten Niederlande, entwickelte sich die holländische
Malerei, die als erste in Europa weltlichen Charakter hatte. Die
nördlichen Niederlande stiegen zeitweise zur führenden See- und
Handelsmacht Europas auf und waren Mittelpunkt
politisch-freiheitlichen Denkens. So kam es hier auch zu höchster
künstlerischer Entfaltung. Allerdings fanden die Maler bei der
bilderfeindlichen reformierten Kirche keine
Betätigungsmöglichkeiten. Aber es gab in gewissem Umfang
öffentliche Aufträge, wenn zum Beispiel repräsentative städtische
Gebäude mit Bildern ausgestattet werden sollten. Auch Häuser, in
denen karitative Einrichtungen oder Versammlungsstätten der Zünfte
und Schützengilden untergebracht waren, ließ man mit Bildern
schmücken. Und Angehörige der Oberschicht erteilten Aufträge für
Porträts und Historienbilder.
Caspar
Netscher
* 1635 oder 1636 Heidelberg , +1684 Den Haag.
Dame am Fenster, 1666 Holz, 46 x 37 cm
Von der Heydt Museum, Wuppertal
Aber die meisten Maler arbeiteten für den
Kunstmarkt, der beim städtischen Mittelstand der Zunftbürger seine
Kunden fand. Die Ausbildung der Maler, die Anfertigung und der
Handel mit Bildern wurden zumeist von den Gilden überwacht, in
denen die Maler oft mit anderen Handwerkern (z. B. mit
Anstreichern und Färbern) vereint waren. Es gab aber auch schon
Kunsthändler, die zahlungskräftige Kunstsammler im In- und Ausland
belieferten und auch Bilder importierten. Der rasch wachsende
Kunstmarkt führte bisweilen zu Spekulationen und Überproduktionen.
Manche Maler konnten ihren Lebensunterhalt nicht mehr mit ihrer
künstlerischen Tätigkeit allein verdienen. Es sind Fälle
überliefert, wonach einzelne auch als Makler, Gastwirt oder
Bierbrauer arbeiteten.
Die Maler erhielten eine solide handwerkliche Ausbildung bei einem
Meister, wo sie die Vorbereitung der Farben, Firnisse und
Bildträger lernten, ferner das Zeichnen. Angehende Maler fertigten
zunächst einzelne Teile eines Bildes an, das manchmal vom Meister
vollendet wurde. Oder sie kopierten Werke ihres Ausbilders und
durften sich an dessen Aufträgen beteiligen. In größeren
Werkstätten führten die Meister oft Musterbücher, aus denen die
Auftraggeber Motive auswählen konnten. Manche Künstler
spezialisierten sich auch auf einzelne Bildgattungen, indem sie
entweder vornehmlich Landschaften oder Figurenbilder oder
Stillleben malten.
Die Landschaftsbilder geben nicht unbedingt topografisch getreue
Abbilder wieder, da die Bilder stets erst im Atelier gemalt
wurden, wo nach Skizzen oder Motivstudien gearbeitet wurde.
Beliebt waren aber auch Gemälde mit italienischen oder südlichen
Ideallandschaften. Ein Kennzeichen für die damalige
niederländische Landschaftsmalerei ist auch, dass sich in jedem
Bild menschliche Gestalten finden. Diese wurden nicht selten von
speziellen Figurenmalern in das Bild eines Kollegen eingefügt.
Bei den Figurenbildern wurden zumeist Menschen im häuslichen oder
gesellschaftlichen Leben in Stadt und Land dargestellt, allerdings
wird der Arbeitsalltag nur ganz selten berücksichtigt. Bevorzugt
wurden Szenen des Müßiggangs, geselliger Zusammenkünfte und des
Sinnengenusses. Dabei finden sich in den Bildern mehr oder weniger
deutliche moralisierende Anspielungen.
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Floris van Schooten, 1580/88-1656
Frühstückstilleben mit
Käse, Brot &
Früchten, o.J.
Von der Heydt Museum,
Wuppertal
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Bei den Stillleben unterscheidet man verschiedene Bildtypen. Ein
Stillleben kann etwa einen Blumenstrauß oder einen gedeckten Tisch
(z.B. mit Käselaibern, Brot und Früchten) zeigen. Bei einem
Prunkstillleben werden besonders opulente Gaumengenüsse
präsentiert, bei einem Jagdstillleben werden Utensilien zur Jagd
und die Beutestücke eindrucksvoll ins Bild gerückt. Allen diesen
Sinnenreizen ist aber zugleich deren Vergänglichkeit zu eigen.
Manchmal unterstreicht ein Maler dies noch, indem er z.B.
überreifes oder angenagtes Obst und kleine tierische Schädlinge
mit ins Bild nimmt. Noch intensiver kommt das in den
Vanitas-Darstellungen zum Ausdruck, bei denen Sinnbilder des
diesseitigen Lebens (wie z.B. Bücher, wissenschaftliche
Instrumente, kostbare Dinge aller Art, Spielkarten,
Musikinstrumente usw.) und Sinnbilder der Vergänglichkeit
menschlichen Lebens (wie z.B. Seifenblasen, Rauch, Blumen,
verlöschende Kerzen, Totenschädel oder Spiegel) vor menschlicher
Eitelkeit (vanitas) warnen und auf Symbole der Auferstehung (z.B.
die Ähre) verweisen.
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