Abenteuer Barbizon |
||
Barbizon ist ein Dorf nahe der Stadt Fontainebleau,
etwa 60 km südöstlich von Paris gelegen. Berühmt wurde es durch
eine Malerkolonie, die sich hier um die Mitte des 19. Jahrhunderts
ansiedelte. Ihr widmete das Von der Heydt-Museum eine
Sonderausstellung, die wir am 19. April besuchten. Intime Landschafts-
malerei Ehepaar, das im Dorf den Krämerladen betrieb,
richtete in seinem Haus Zimmer für Logiergäste ein. So konnten die
Maler hier länger verweilen und sich der Landschaftsmalerei
widmen. Sie begründeten die Strömung der intimen
Landschaftsmalerei (Paysage intime), die sich oft mit bescheidenen
Naturausschnitten in den Bildern begnügte, zum Beispiel einzelnen
Bäumen oder Holzfällern, die deinen Baumstamm zersägen. Diese
Maler lösten sich von der im Klassizismus geltenden Auffassung,
erfundene und heroische Landschaften auf die Leinwand zu bringen.
Viele von ihnen verzichteten auch auf die bis dahin üblichen
Studienreisen nach Italien, um klassische Landschaften zu malen. Corot als
Hauptvertreter Corot, der älteste von ihnen, hatte noch den
klassischen Weg mit mehrjährigem Italienaufenthalt (1825-28)
beschritten und in seine Landschaften oft Nymphen und antike
Idealfiguren als Staffage eingefügt. In Rom widmete er sich
Antikenstudien, im Umland schuf er etwa 150 Freilichtstudien, von
denen er manche Motive später in großformatige Ölgemälde übernahm.
Corot gilt als ein Hauptvertreter der französischen
Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts. Er hatte eine Vorliebe
für poetische Stimmungslandschaften, die er in zarten Morgen- und
Abendstimmungen in silbrigem Grau und verschwimmender Atmosphäre
darstellte. |
||
|
||
Diaz de la Peña wurde im Alter von dreizehn Jahren
bei einem Streifzug durch die Wälder von einer Schlange ins Bein
gebissen, das daraufhin amputiert werden musste. Wenige Jahre
später machte er eine Lehre als Kolorist in einer
Porzellan-Manufaktur. Hier erkannte man seine künstlerische
Begabung, und ab 1825 erhielt er Malunterricht bei je einem
Landschafts- und Historienmaler. Fünf Jahre später gab Diaz seine
feste Anstellung in der Porzellan-Manufaktur auf und widmete sich
ganz der Landschaftsmalerei. Zunächst malte er Bilder mit
historischer und orientalischer Thematik. 1835 reiste er erstmals
nach Barbizon. Hier entwickelte er sich zum poesievollen
Landschaftsmaler mit besonderer Neigung für stimmungsvolle
Waldinterieurs, die oft von Nymphen, Bauernkindern oder anderen
ländlichen Wesen belebt sind. Diaz bevorzugte kleine Formate.
Seine Motive fand er im Wald von Fontainebleau, dessen Schönheit
er mit bezaubernder Leichtigkeit schilderte. 1864 ermutigte er
Auguste Renoir, mit helleren Farben und in der freien Natur zu
malen. Dupré Auch Dupré war, wie Diaz, ursprünglich
Porzellanmaler. Bei einem Aufenthalt in England 1834 lernte er die
Werke von William Turner und John Constable kennen. In Frankreich
reiste Dupre durch viele Provinzen und wandte sich ganz der
intimen Landschaftsmalerei zu. Als feiner Beobachter von
atmosphärischen Erscheinungen malte er gern Wolkenbildungen und
Lichtwirkungen am Himmel. Seine Landschaften sind oft von
drohendem Sturm und Gewitter, gewaltigen Bäumen und dunklen
Gewässern geprägt. 1845 übernahm er ein eigenes Atelier in
I'isle-Adam. Er zog sich aus dem Kreis der Schule von Barbizon
zurück und begab sich ans Ufer der Oise und in den Wald von
Compiegne, wo er nun malte. Millet Millet stammte aus einer bäuerlichen Familie. Diese Herkunft spiegelte sich immer wieder in der Wahl der Motive in seinem Werk wider. Er studierte u.a. an der Ecole des Beaux-Arts in Paris bei dem Historienmaler Paul Delaroche und befasste sich im Louvre mit den alten Meistern. 1840 ließ er sich im heimatlichen Cherbourg und zwei Jahre später in Paris als Porträtmaler nieder. Wegen finanzieller Schwierigkeiten schuf er außerdem Bilder mit mythologischen und biblischen Themen. Ab 1848 malte er Motive aus der ländlichen Arbeitswelt. Als im Jahr darauf in Paris die Cholera grassierte, zog er um nach Barbizon. In seinen Bildern finden sich sozialkritische Darstellungen der Landarbeit. Ab 1860 rückte bei Millet die reine Landschaftsmalerei in den Vordergrund. Er unternahm Reisen nach Vichy und in die Normandie und fertigte auch viele Pastellzeichnungen an. Rousseau Théodore Rousseau, stammte aus Paris und wurde Landschaftsmaler. Mit seinen Freunden Diaz und Dupré ging er öfters in den Wald von Fontainebleau. Er unternahm aber auch Reisen in die Auvergne, die Normandie und die Bretagne, ehe er sich 1847 endgültig in Barbizon niederließ. Rousseau hatte sich intensiv mit den alten Niederländern beschäftigt und ihren Aufbau der Landschaften, Stimmungen und Farben studiert. Er besaß etwa 50 Grafiken niederländischer Meister. Rousseau wurde zum geistigen Führer der "Schule von Barbizon". Sein Werk gilt als entscheidender Wegbereiter von der heroisierenden Romantik zur nationalen realistischen Landschaftsmalerei in Frankreich. In seinen Bildern dominiert die Natur, deren Zustände und Stimmungen er eindringlich und genau wiedergab. Als wesentliches Gestaltungsmittel diente ihm dabei das Licht. Rousseau hat als erster eine Landschaft vom selben Blickpunkt aus zu unterschiedlichen Tageszeiten gemalt. Ein Hauptmotiv ist der von der untergehenden Sonne beleuchtete Waldrand. Er skizzierte seine Bilder in der Landschaft, führte sie aber erst im Atelier aus. Troyon Constant Troyon erhielt als Sohn eines Porzellanmalers seine künstlerische Grundausbildung bei zwei in der Porzellan-Manufaktur von Sèvres tätigen Malern. Anfang der 1830er Jahre bekam er Kontakt zu den Künstlern von Barbizon. Troyon malte viele Jahre reine Landschaftsbilder, teils in ungewöhnlich großen Formaten. 1847/48 reiste er in die Niederlande, wo er die alten Meister des 17. Jahrhunderts studierte, und nach Belgien. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich entwickelte sich Troyon mehr und mehr zum reinen Tiermaler, reine Landschaftsbilder schuf er nur noch selten. Fotografen Außer den Künstlern kamen auch Fotografen seit den 1840er Jahren in den Wald von Fontainebleau und nach Barbizon. Auch sie waren fasziniert von den Motiven, die ihnen die Landschaft und das dörfliche Leben boten. Mit ihren schweren Kameras - damals noch mit Holzgehäusen konstruierte Plattenkameras für großformatige Glasnegative - zogen sie auch in den Wald und schufen eindrucksvolle Aufnahmen, die heute in Museen aufbewahrt werden. Sieben Fotografen sind in diesem Zusammenhang zu besonderer Bedeutung gelangt: Alfred Briquet (1833-1880), Eugène Cuvelier (1837-1900), Constant Famin (1827-1888), André Giroux (1801-1879), Gustave Le Gray (1820-1884), Charles Marville (1816-1878) und Charles Nègre (1820-1880). Briquet veröffentlichte zwischen 1854 und 1880 mehrere Mappen mit Fotografien aus dem Wald von Fontainebleau und vom Versailler Schloss. Cuvelier lernte schon früh die Maler der Schule von Barbizon kennen. Er ließ sich 1859 am Rande des Waldes von Fontainebleau nieder, wo er immer wieder Aufnahmen machte. In ihrer schönen Ausgewogenheit ähneln manche den Gemälden des Freundeskreises von Millet, Rousseau und Corot. Famin war ein Spezialist von Naturaufnahmen im Wald
von Fontainebleau sowie von Genreszenen im ländlich-bäuerlichen
Umfeld, wo er auch öfters Kinder und Tiere in die Bilder einbezog.
Giroux erhielt 1825 ein Stipendium für historische Landschaftsmalerei und hielt sich bis 1830 in Rom auf, wo er gemeinsam mit Corot und anderen italienische Landschaften und Genrebilder schuf. Bei seinen Fotografien wandte er teilweise eine Mischtechnik an, indem er die Negative im Himmel oder in der Landschaft veränderte. Le Gray studierte zunächst Malerei. Später entwickelte er verschiedene fotografische Verfahren. Zusammen mit Charles Nègre fotografierte er um 1849 erstmals Baum- und Landschaftsmotive im Wald von Fontainebleau. 1860 schloss er sein Fotoatelier in Paris und floh wegen hoher Schulden nach Ägypten, wo er als Zeichenlehrer an Fachschulen arbeitete. Marville wurde durch Fotos von Skulpturen, Ansichten des Rheins und der Pariser Architektur bekannt. In der französischen Hauptstadt dokumentierte er den Zustand der Quartiere, ehe für die Umgestaltung und Modernisierung durch Baron Haussmann zahlreiche Häuser abgerissen wurden. Nègre fertigte zunächst Zeichnungen und Gemälde, wandte sich aber ab 1844 verstärkt der Fotografie zu. Durch seine Straßen- und Genreszenen von Paris wurde er zum Pionier der Momentfotografie. Die reichhaltige Ausstellung zeigte Gemälde,
Zeichnungen und Fotografien in anregenden Zusammenstellungen. Der
Wald von Fontainebleau, von der französischen Regierung zur Rodung
freigegeben, wurde auf Ersuchen der Künstler gerettet. Napoleon
III. ließ es 1853 als Naturschutzgebiet ausweisen - ein frühes
Beispiel einer Bürgerinitiative für Umweltschutz. |
||
Mehr
Informationen zum Museum: www.von-der-heydt-museum.de/
Webseite des Von der Heydt-Museums: Weitere Berichte und Texte auf den Webseiten des Bürgervereins über das von der Heydt-Museum: |